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Polio in der Ukraine
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Polio in der Ukraine
Ohje auch das noch...
Begünstigt auch durch den Krieg,siehe Text:
Polio in der Ukraine
Jetzt, zwei Monate später, gab die Weltgesundheitsorganisation WHO bekannt, dass die Kinder von einer Krankheit betroffen sind, die in Deutschland längst als ausgerottet gilt: Polio, besser bekannt als Kinderlähmung. "Das ist ein Rückschlag", sagte Oliver Rosenbauer vom Polio-Bekämpfungszentrum der WHO der dpa. Allerdings stünden die Chancen gut, den Ausbruch einzudämmen. "Das Virus ist nicht so aggressiv. Jetzt kommt es auf eine schnelle, umfassende Impfaktion an."
"In den meisten Regionen der Welt ist Polio zwar nur eine sehr entfernte Erinnerung, aber die Krankheit gibt es immer noch und sie betrifft vor allem Kinder unter fünf Jahren", so die WHO. Polio hat damit wieder Europa erreicht. Die Region, in der sich der Ausbruch ereignete - das früher als Transkarpatien bezeichnete Verwaltungsgebiet Zakarpatskaya - grenzt an Polen, Ungarn, die Slowakei und Rumänien. Luftlinie sind es bis Passau oder Dresden nur etwa 700 Kilometer.
Aus Sicht des Robert-Koch-Instituts (RKI) muss zwar "das Risiko einer Einschleppung von Polioviren nach Deutschland durch Einreisende aus der Ukraine ernst genommen werden". Schließlich haben die meisten Menschen, die infiziert sind, keine Symptome und das Virus kann mehrere Wochen lang unbemerkt mit dem Stuhl ausgeschieden werden. "Aufgrund der ausreichend hohen Polio-Impfquoten wird die Gefahr einer Ausbreitung in Deutschland jedoch als gering eingeschätzt", so das RKI.
Wenn auch nur ein Kind infiziert ist, kann dies zum Ausgangspunkt für eine Epidemie werden
Für die Ukraine sieht die Einschätzung anders aus. Die Impfquoten sind dort seit 2009 stark gesunken. Laut Angaben der WHO waren 2014 nur die Hälfte aller Kinder gegen Kinderlähmung geimpft. "Nicht wenige haben Zweifel an der Sicherheit von Impfstoffen", so Rosenbauer. Wegen der erheblichen Impflücken und der unzureichenden Überwachung des Krankheitsverlaufs in einigen Regionen schätzt die WHO das Risiko einer weiteren Ausbreitung als hoch ein. Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation sind bereits vor Ort, um die Ukraine in der Seuchenprävention zu unterstützen.
Die Kinderlähmung wird durch Viren übertragen, von denen es drei Stämme gibt. Wildtyp 2 des Poliovirus wurde 1999 ausgerottet, Wildtyp 3 findet sich nur noch sehr selten. Allerdings führt längst nicht jede Ansteckung zum Vollbild der Erkrankung. Eine von 200 Infektionen löst jedoch eine irreversible Lähmung aus, von der meist die Beine betroffen sind. Fünf bis zehn Prozent der Gelähmten sterben, weil ihre Atemhilfsmuskulatur betroffen ist.
In den vergangenen 30 Jahren haben die Anstrengungen, Polio auszurotten, zu beeindruckenden Erfolgen geführt. 1988 wurde das Programm gestartet; damals wurden noch 350 000 Fälle rund um den Globus dokumentiert, 2013 waren es noch 416; ein Rückgang um mehr als 99 Prozent. 2010 hat es einen Polio-Ausbruch in Tadschikistan gegeben. In dem Land und in Nachbarstaaten starben 29 Menschen. Insgesamt ist die WHO aber zuversichtlich, die Krankheit besiegen zu können. Weltweit seien in diesem Jahr bisher nur 38 Fälle - vor allem in Pakistan und Afghanistan - gezählt worden, sagte Rosenbauer. "Wir sind näher dran als je zuvor."
Viren und Krankheiten profitieren von Kriegen und Krisen besonders
Nach Hochrechnungen der WHO können heute zehn Millionen Menschen gehen, die ohne die Impfung gelähmt gewesen wären. Mehr als 1,5 Millionen Todesfälle wurden verhindert. Allerdings warnt die WHO davor, die bisherigen Erfolge bereits als Sieg über die Kinderlähmung zu werten. "Wenn auch nur ein Kind infiziert bleibt, kann es für Kinder in jedem Land der Welt zum Risiko werden, sich mit Polio anzustecken", so die Gesundheitswächter. "So lange es nicht gelingt, die wenigen verbleibenden Infektionsherde auszulöschen, könnten daraus jedes Jahr 200 000 neue Fälle entstehen."
Die Erkrankungen in der Ukraine werden auf eine sogenannte vakzineassoziierte Poliomyelitis (VAPP) zurückgeführt. Zu dieser kann es kommen, wenn abgeschwächter Lebendimpfstoff, die frühere "Schluckimpfung", verwendet wird. In ein bis zwei Fällen pro einer Million Erstimpfungen mutieren die Virusstämme und führend in unzureichend geimpften Bevölkerungsgruppen zu Ausbrüchen.
"Gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite"
Erkrankungen durch Wildstämme sind in Deutschland zuletzt 1990 aufgetreten. Die letzten beiden importierten Fälle - aus Ägypten und Indien - wurden 1992 registriert. Danach traten allerdings auch hierzulande jedes Jahr bis zu drei Fälle vakzineassoziierter Poliomyelitis (VAPP) auf. Daher hat die Ständige Impfkommission 1998 empfohlen, in Deutschland nur noch inaktivierte Polio-Impfstoffe zu verwenden, bei denen kein Risiko mehr für eine vakzine-assoziierte Erkrankung besteht.
Wer im Säuglings- und Kleinkindalter eine Grundimmunisierung und im Jugendalter oder später mindestens eine Auffrischimpfung erhalten hat, gilt als vollständig immunisiert. Da Polio in Deutschland jedoch jederzeit eingeschleppt werden kann, wird die Impfung so lange empfohlen, bis die Kinderlähmung weltweit ausgerottet ist und weder das Poliowildvirus noch das Impfvirus mehr zirkulieren.
Vergangenes Jahr, im Mai 2014, hatte die WHO eine "Gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite" ausgerufen. Um den Export von Polio-Wildviren aus Pakistan, Afghanistan, Nigeria, Kamerun, Syrien, Israel, Irak, Äquatorial Guinea, Äthiopien und Somalia zu verhindern, gab es die dringende Empfehlung, dass Personen vor der Ausreise geimpft werden sollten. "Alle Experten waren sich einig, dass der Notruf gerechtfertigt ist", sagte Marsha Vanderford von der amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC seinerzeit. In Krisengebieten wie Syrien, Afghanistan und Nigeria hatte sich das Virus stark vermehrt und wurde in andere Länder übertragen. Womöglich muss man die Ukraine bald zur Liste dieser gesundheitlich instabilen Länder hinzuzählen.
http://www.sueddeutsche.de/wissen/polio-in-der-ukraine-rueckkehr-einer-seuche-1.2632961
Begünstigt auch durch den Krieg,siehe Text:
Polio in der Ukraine
Rückkehr einer Seuche
Eines der Kinder ist vier Jahre alt, das andere zehn Monate. Beide leben im Südwesten der Ukraine. Ende Juni, Anfang Juli konnten die Kleinkinder ihre Gliedmaßen nicht mehr richtig bewegen. Die Lähmungen wurden schlimmer.Jetzt, zwei Monate später, gab die Weltgesundheitsorganisation WHO bekannt, dass die Kinder von einer Krankheit betroffen sind, die in Deutschland längst als ausgerottet gilt: Polio, besser bekannt als Kinderlähmung. "Das ist ein Rückschlag", sagte Oliver Rosenbauer vom Polio-Bekämpfungszentrum der WHO der dpa. Allerdings stünden die Chancen gut, den Ausbruch einzudämmen. "Das Virus ist nicht so aggressiv. Jetzt kommt es auf eine schnelle, umfassende Impfaktion an."
"In den meisten Regionen der Welt ist Polio zwar nur eine sehr entfernte Erinnerung, aber die Krankheit gibt es immer noch und sie betrifft vor allem Kinder unter fünf Jahren", so die WHO. Polio hat damit wieder Europa erreicht. Die Region, in der sich der Ausbruch ereignete - das früher als Transkarpatien bezeichnete Verwaltungsgebiet Zakarpatskaya - grenzt an Polen, Ungarn, die Slowakei und Rumänien. Luftlinie sind es bis Passau oder Dresden nur etwa 700 Kilometer.
Aus Sicht des Robert-Koch-Instituts (RKI) muss zwar "das Risiko einer Einschleppung von Polioviren nach Deutschland durch Einreisende aus der Ukraine ernst genommen werden". Schließlich haben die meisten Menschen, die infiziert sind, keine Symptome und das Virus kann mehrere Wochen lang unbemerkt mit dem Stuhl ausgeschieden werden. "Aufgrund der ausreichend hohen Polio-Impfquoten wird die Gefahr einer Ausbreitung in Deutschland jedoch als gering eingeschätzt", so das RKI.
Wenn auch nur ein Kind infiziert ist, kann dies zum Ausgangspunkt für eine Epidemie werden
Für die Ukraine sieht die Einschätzung anders aus. Die Impfquoten sind dort seit 2009 stark gesunken. Laut Angaben der WHO waren 2014 nur die Hälfte aller Kinder gegen Kinderlähmung geimpft. "Nicht wenige haben Zweifel an der Sicherheit von Impfstoffen", so Rosenbauer. Wegen der erheblichen Impflücken und der unzureichenden Überwachung des Krankheitsverlaufs in einigen Regionen schätzt die WHO das Risiko einer weiteren Ausbreitung als hoch ein. Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation sind bereits vor Ort, um die Ukraine in der Seuchenprävention zu unterstützen.
Die Kinderlähmung wird durch Viren übertragen, von denen es drei Stämme gibt. Wildtyp 2 des Poliovirus wurde 1999 ausgerottet, Wildtyp 3 findet sich nur noch sehr selten. Allerdings führt längst nicht jede Ansteckung zum Vollbild der Erkrankung. Eine von 200 Infektionen löst jedoch eine irreversible Lähmung aus, von der meist die Beine betroffen sind. Fünf bis zehn Prozent der Gelähmten sterben, weil ihre Atemhilfsmuskulatur betroffen ist.
In den vergangenen 30 Jahren haben die Anstrengungen, Polio auszurotten, zu beeindruckenden Erfolgen geführt. 1988 wurde das Programm gestartet; damals wurden noch 350 000 Fälle rund um den Globus dokumentiert, 2013 waren es noch 416; ein Rückgang um mehr als 99 Prozent. 2010 hat es einen Polio-Ausbruch in Tadschikistan gegeben. In dem Land und in Nachbarstaaten starben 29 Menschen. Insgesamt ist die WHO aber zuversichtlich, die Krankheit besiegen zu können. Weltweit seien in diesem Jahr bisher nur 38 Fälle - vor allem in Pakistan und Afghanistan - gezählt worden, sagte Rosenbauer. "Wir sind näher dran als je zuvor."
Viren und Krankheiten profitieren von Kriegen und Krisen besonders
Nach Hochrechnungen der WHO können heute zehn Millionen Menschen gehen, die ohne die Impfung gelähmt gewesen wären. Mehr als 1,5 Millionen Todesfälle wurden verhindert. Allerdings warnt die WHO davor, die bisherigen Erfolge bereits als Sieg über die Kinderlähmung zu werten. "Wenn auch nur ein Kind infiziert bleibt, kann es für Kinder in jedem Land der Welt zum Risiko werden, sich mit Polio anzustecken", so die Gesundheitswächter. "So lange es nicht gelingt, die wenigen verbleibenden Infektionsherde auszulöschen, könnten daraus jedes Jahr 200 000 neue Fälle entstehen."
Die Erkrankungen in der Ukraine werden auf eine sogenannte vakzineassoziierte Poliomyelitis (VAPP) zurückgeführt. Zu dieser kann es kommen, wenn abgeschwächter Lebendimpfstoff, die frühere "Schluckimpfung", verwendet wird. In ein bis zwei Fällen pro einer Million Erstimpfungen mutieren die Virusstämme und führend in unzureichend geimpften Bevölkerungsgruppen zu Ausbrüchen.
"Gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite"
Erkrankungen durch Wildstämme sind in Deutschland zuletzt 1990 aufgetreten. Die letzten beiden importierten Fälle - aus Ägypten und Indien - wurden 1992 registriert. Danach traten allerdings auch hierzulande jedes Jahr bis zu drei Fälle vakzineassoziierter Poliomyelitis (VAPP) auf. Daher hat die Ständige Impfkommission 1998 empfohlen, in Deutschland nur noch inaktivierte Polio-Impfstoffe zu verwenden, bei denen kein Risiko mehr für eine vakzine-assoziierte Erkrankung besteht.
Wer im Säuglings- und Kleinkindalter eine Grundimmunisierung und im Jugendalter oder später mindestens eine Auffrischimpfung erhalten hat, gilt als vollständig immunisiert. Da Polio in Deutschland jedoch jederzeit eingeschleppt werden kann, wird die Impfung so lange empfohlen, bis die Kinderlähmung weltweit ausgerottet ist und weder das Poliowildvirus noch das Impfvirus mehr zirkulieren.
Vergangenes Jahr, im Mai 2014, hatte die WHO eine "Gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite" ausgerufen. Um den Export von Polio-Wildviren aus Pakistan, Afghanistan, Nigeria, Kamerun, Syrien, Israel, Irak, Äquatorial Guinea, Äthiopien und Somalia zu verhindern, gab es die dringende Empfehlung, dass Personen vor der Ausreise geimpft werden sollten. "Alle Experten waren sich einig, dass der Notruf gerechtfertigt ist", sagte Marsha Vanderford von der amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC seinerzeit. In Krisengebieten wie Syrien, Afghanistan und Nigeria hatte sich das Virus stark vermehrt und wurde in andere Länder übertragen. Womöglich muss man die Ukraine bald zur Liste dieser gesundheitlich instabilen Länder hinzuzählen.
http://www.sueddeutsche.de/wissen/polio-in-der-ukraine-rueckkehr-einer-seuche-1.2632961
Re: Polio in der Ukraine
Ausbruch: Kinderlähmung in der Ukraine
Seit einigen Jahren galt das Poliovirus in Europa dank hoher Durchimpfungsraten als ausgerottet – Experten warnen vor einem Wiederaufflackern
Weil das Poliovirus noch nicht ausgerottet ist, kann es sich jederzeit wieder zurückmelden. Das ist laut Wiener Virologinnen vor kurzem in der Ukraine geschehen. Der Grund dafür sind unzureichende Impfraten, welche in seltenen Fällen die Zirkulation auch von Impfviren ermöglichen.
"Das ursprünglich angestrebte Ziel, das Poliovirus weltweit bis zum Jahr 2000 auszurotten, konnte bisher trotz größter strategischer und finanzieller Anstrengungen leider noch immer nicht ganz erreicht werden" schrieben jetzt Eva Geringer und Heidemarie Holzmann vom Department für Virologie der Med-Uni Wien in den Virusepidemiologischen Informationen.
Seit dem Start des weltweiten Polio-Eradikationsprogramms im Jahr 1988 gingen die Polio-Wildvirusfälle weltweit um 99,9 Prozent zurück. Der amerikanische Kontinent gelte seit 1994, der westpazifische Raum seit 2000 als poliofrei, seit 2002 auch die WHO-Region Europa. Seit 2013 zirkuliert nur noch das Polio-Wildvirus vom Typ 1. Dieses kommt endemisch nur noch in Pakistan, Afghanistan und Nigeria vor. Ein Positivum: In diesem Jahr wurden "nur" noch aus Pakistan und Afghanistan neue Fälle gemeldet.
Folge niedriger Impfraten
Doch wenn die Impfraten niedrig sind, gibt es nicht nur ein Risiko durch die Wildviren. Der für die Ausrottung der Polio verwendete und leicht anzuwendende Lebend-Impfstoff (Sabin/Schluckimpfung) kann selbst ein Problem darstellen. Die Virologinnen schrieben dazu: "Die oral aufgenommenen Impfviren vermehren sich im Darm, werden über sechs bis acht Wochen mit dem Stuhl ausgeschieden und können auf andere Menschen übertragen werden."
In sehr seltenen Fällen können die abgeschwächten Viren dabei durch eine Serie von (Rück-)Mutationen wieder Krankheit-erzeugende Merkmale erwerben und selbst wieder zum Ausgangspunkt von Polioausbrüchen werden. Eva Geringer und Heidemarie Holzmann führte aus: "Diese Mutationen können vor allem dann entstehen, wenn die Impfviren zwischen empfänglichen Personen über einen längeren Zeitraum (mindestens ein Jahr; Anm.) zirkulieren." Das wiederum ist nur der Fall, wenn es in der entsprechenden Bevölkerung keinen ausreichenden Impfschutz gibt.
In der Ukraine war das offenbar der Fall. "Anfang September des heurigen Jahres gab die WHO bekannt, dass im Südwesten der Ukraine zwei Fälle von paralytischen cVDPV-Typ1-Infektionen bestätigt worden waren, und zwar bei einem vierjährigen und einem zehn Monate alten Kind. Dies erscheint wenig verwunderlich, da die Durchimpfungsraten in der Ukraine in den letzten Jahren stark gesunken sind. Laut WHO und UNICEF waren in der Ukraine im Jahr 2014 nur 50 Prozent aller Kinder vollständig gegen Polio (sowie andere impfpräventable Erkrankungen; Anm.) geimpft."
Kein Monitoring-System
Hinzu kommt, dass in der Ukraine auch das Krankheitsüberwachungssystem nicht mehr ausreichend funktioniert. Dadurch kann es zu einer weiteren Ausbreitung kommen, wobei bei vielen Infizierten keine Symptome auftreten. Dies macht die Überwachung schwierig. Die WHO will die Impfraten dort deutlich erhöhen, um die Gefährdung einer Ausbreitung zu senken.
"Das Risiko einer Übertragung des cVDPV1-Stammes wird vor allem für die angrenzenden Gebiete der vier Nachbarländer (Rumänien, Polen, Ungarn, Slowakei; Am.) als relevant angesehen, und zwar wiederum vor allem für Bevölkerungsgruppen mit schlechten Durchimpfungsraten", stellten die Virologinnen fest. Generell werde die Polio-Durchimpfungsrate innerhalb der EU als zufriedenstellend eingeschätzt. Ärzte sollten auch in Österreich wachsam sein, um eventuell auftretende symptomatische Infektionen sofort zu erkennen.
http://derstandard.at/2000023581373/Ausbruch-Kinderlaehmung-in-der-Ukraine
Seit einigen Jahren galt das Poliovirus in Europa dank hoher Durchimpfungsraten als ausgerottet – Experten warnen vor einem Wiederaufflackern
Weil das Poliovirus noch nicht ausgerottet ist, kann es sich jederzeit wieder zurückmelden. Das ist laut Wiener Virologinnen vor kurzem in der Ukraine geschehen. Der Grund dafür sind unzureichende Impfraten, welche in seltenen Fällen die Zirkulation auch von Impfviren ermöglichen.
"Das ursprünglich angestrebte Ziel, das Poliovirus weltweit bis zum Jahr 2000 auszurotten, konnte bisher trotz größter strategischer und finanzieller Anstrengungen leider noch immer nicht ganz erreicht werden" schrieben jetzt Eva Geringer und Heidemarie Holzmann vom Department für Virologie der Med-Uni Wien in den Virusepidemiologischen Informationen.
Seit dem Start des weltweiten Polio-Eradikationsprogramms im Jahr 1988 gingen die Polio-Wildvirusfälle weltweit um 99,9 Prozent zurück. Der amerikanische Kontinent gelte seit 1994, der westpazifische Raum seit 2000 als poliofrei, seit 2002 auch die WHO-Region Europa. Seit 2013 zirkuliert nur noch das Polio-Wildvirus vom Typ 1. Dieses kommt endemisch nur noch in Pakistan, Afghanistan und Nigeria vor. Ein Positivum: In diesem Jahr wurden "nur" noch aus Pakistan und Afghanistan neue Fälle gemeldet.
Folge niedriger Impfraten
Doch wenn die Impfraten niedrig sind, gibt es nicht nur ein Risiko durch die Wildviren. Der für die Ausrottung der Polio verwendete und leicht anzuwendende Lebend-Impfstoff (Sabin/Schluckimpfung) kann selbst ein Problem darstellen. Die Virologinnen schrieben dazu: "Die oral aufgenommenen Impfviren vermehren sich im Darm, werden über sechs bis acht Wochen mit dem Stuhl ausgeschieden und können auf andere Menschen übertragen werden."
In sehr seltenen Fällen können die abgeschwächten Viren dabei durch eine Serie von (Rück-)Mutationen wieder Krankheit-erzeugende Merkmale erwerben und selbst wieder zum Ausgangspunkt von Polioausbrüchen werden. Eva Geringer und Heidemarie Holzmann führte aus: "Diese Mutationen können vor allem dann entstehen, wenn die Impfviren zwischen empfänglichen Personen über einen längeren Zeitraum (mindestens ein Jahr; Anm.) zirkulieren." Das wiederum ist nur der Fall, wenn es in der entsprechenden Bevölkerung keinen ausreichenden Impfschutz gibt.
In der Ukraine war das offenbar der Fall. "Anfang September des heurigen Jahres gab die WHO bekannt, dass im Südwesten der Ukraine zwei Fälle von paralytischen cVDPV-Typ1-Infektionen bestätigt worden waren, und zwar bei einem vierjährigen und einem zehn Monate alten Kind. Dies erscheint wenig verwunderlich, da die Durchimpfungsraten in der Ukraine in den letzten Jahren stark gesunken sind. Laut WHO und UNICEF waren in der Ukraine im Jahr 2014 nur 50 Prozent aller Kinder vollständig gegen Polio (sowie andere impfpräventable Erkrankungen; Anm.) geimpft."
Kein Monitoring-System
Hinzu kommt, dass in der Ukraine auch das Krankheitsüberwachungssystem nicht mehr ausreichend funktioniert. Dadurch kann es zu einer weiteren Ausbreitung kommen, wobei bei vielen Infizierten keine Symptome auftreten. Dies macht die Überwachung schwierig. Die WHO will die Impfraten dort deutlich erhöhen, um die Gefährdung einer Ausbreitung zu senken.
"Das Risiko einer Übertragung des cVDPV1-Stammes wird vor allem für die angrenzenden Gebiete der vier Nachbarländer (Rumänien, Polen, Ungarn, Slowakei; Am.) als relevant angesehen, und zwar wiederum vor allem für Bevölkerungsgruppen mit schlechten Durchimpfungsraten", stellten die Virologinnen fest. Generell werde die Polio-Durchimpfungsrate innerhalb der EU als zufriedenstellend eingeschätzt. Ärzte sollten auch in Österreich wachsam sein, um eventuell auftretende symptomatische Infektionen sofort zu erkennen.
http://derstandard.at/2000023581373/Ausbruch-Kinderlaehmung-in-der-Ukraine
Thomas- FORENLEGENDE
- Lebt in :Ort : BozenAnzahl der Beiträge : 981
Re: Polio in der Ukraine
Weltpoliotag
Angeblich haben letzte Woche nun doch Massenimpfungen in der Ukraine begonnen, in einer ersten Impfrunde sollen knapp drei Millionen Kleinkinder und Säuglinge gegen Polio immunisiert werden, informiert das UN-Kinderhilfswerk UNICEF. Allein, einigen fehlt aus Erfahrung der Glaube – zum Beispiel Olga Stefanischina von der Kiewer Nicht-Regierungsorganisation "Patienten der Ukraine". Schließlich sind die Impfdosen, kofinanziert von Kanada, bereits seit dem Frühling im Land – nur geimpft wurde monatelange niemand damit.
"Seit Mai sind die Impfstoffe in der Ukraine. Inzwischen haben wir Oktober. Soweit ich höre und lese, haben die Schluckimpfungen letzte Woche begonnen, aber ich bin mir nicht sicher, ehrlich gesagt, und ich bekomme immer noch Emails von Müttern, die beklagen, dass bei Ihnen immer noch kein Impfstoff zu erhalten sei."
Kinderlähmung in Europa eigentlich ausgerottet
Schon länger warnen Experten angesichts niedriger Impfraten in der Ukraine vor einem Ausbruch der in Europa eigentlich ausgerotteten Erkrankung, die schwere Schädigungen auslösen kann und oft tödlich endet. Der Krieg in der Ost-Ukraine, das Durcheinander der Revolution und angebliche Geldnot im Ministerium führte dann zuletzt dazu, dass praktisch überhaupt keine Impfstoffe mehr im staatlichen, eigentlich kostenlosen Gesundheitssystem mehr aufzufinden waren, sehr wohl aber in privaten Kliniken, wie Patienten-Fürsprecherin Stefanischina weiß.
"Ich bin selbst Mutter. Und ich habe meine Kinder privat impfen lassen. Aber das kostet relativ viel Geld. Und die Menschen auf dem Land haben das nicht, denn es beträgt die Hälfte ihres monatlichen Gehalts."
Die Impfquote sank so in diesem Jahr bei Neugeborenen auf zuletzt nur noch 14 Prozent, so Unicef, nach auch nur noch 50 Prozent im Vorjahr. Und so kam es, wie es kommen musste: Anfang September wurden zwei Polio-Ausbrüche in den Karpaten in der West-Ukraine aktenkundig, zu denen es bereits im Frühsommer gekommen war. Doch während internationale Regeln dann eine Massenimpfung binnen zwei Wochen vorsehen, tat sich in der Ukraine weiterhin nichts, blieben Genehmigungen und entsprechende Schritte aus, ob aus Unfähigkeit oder weil sich Gesundheitsbürokraten den lukrativen Schwarzhandel mit Impfstoffen nicht kaputt machen wollten, ist nicht ganz klar. Der öffentliche Gesundheitssektor in der Ukraine ist schwer krank; die unbestrittene Diagnose laut hemmungslose Korruption. Oftmals gibt es Behandlungen in den staatlichen Krankenhäusern nur gegen Bares, teure Medikamente und Impfstoffe verschwinden. Der Gesundheitsminister, aus Georgien als Reformer ins Land geholt, gab sich nach einigen Monaten geschlagen und reichte seinen Rücktritt ein, den das Parlament ihm aber verweigerte, nun macht er irgendwie weiter. Er kämpft dabei an zwei Fronten gleichzeitig: gegen Korruption und Misswirtschaft im System, aber auch gegen das Misstrauen der Patienten dagegen, etwa auch gegen staatliche Impfprogramme. Berichte, die Polio-Impfstoffe seien falsch gelagert und zweifach eingefroren worden, sabotieren nun auch das angelaufene Polio-Impfprogramm und irritieren Eltern. Minister Kwitaschwili sah sich gezwungen, zu beteuern:
"Dieser Impfstoff ist von höchster Qualität. Ich bin sogar bereit, meinen eigenen Sohn vor den Kameras impfen zu lassen, um zu zeigen, dass alles in Ordnung ist."
Zwei akut gemeldete Fälle
Vor diesem Hintergrund nennen es Gesundheitsexperten ein großes Glück, dass es bislang bei den zwei akuten gemeldeten Fällen geblieben es, die beiden Kinder, ein Vierjähriger und ein Baby von zehn Monaten, sollen wieder gesund sein. Allerdings wird davon ausgegangen, dass mehrere hundert Kinder den aktivierten Virus in sich tragen. Denn die wilde Variante der Kinderlähmung bleibt auch in der Ukraine ausgerottet. Bei den fraglichen Fällen handelte es sich um ungeimpfte Kinder, die sich an Ausscheidungen von Impfstoffen angesteckt haben dürften, die unter Umständen wieder aktiv werden können. Deswegen gilt ein umfassender Impfschutz von so vielen Kindern wie nur möglich, wie er in den EU-Staaten durchgesetzt ist, als so wichtig.
http://www.deutschlandfunk.de/weltpoliotag-ukraine-droht-kinderlaehmungs-epidemie.1773.de.html?dram:article_id=335253
Ukraine droht Kinderlähmungs-Epidemie
Neugeborene in der Ukraine werden immer seltener gegen Polio geimpft; zwei akute Fälle sind bereits aufgetreten. Patientenschützer machen Misswirtschaft und Korruption in der Gesundheitsbürokratie verantwortlich. Der aus Georgien stammende Gesundheitsminister gilt zwar als guter Experte, aber als administrativer Totalausfall.Angeblich haben letzte Woche nun doch Massenimpfungen in der Ukraine begonnen, in einer ersten Impfrunde sollen knapp drei Millionen Kleinkinder und Säuglinge gegen Polio immunisiert werden, informiert das UN-Kinderhilfswerk UNICEF. Allein, einigen fehlt aus Erfahrung der Glaube – zum Beispiel Olga Stefanischina von der Kiewer Nicht-Regierungsorganisation "Patienten der Ukraine". Schließlich sind die Impfdosen, kofinanziert von Kanada, bereits seit dem Frühling im Land – nur geimpft wurde monatelange niemand damit.
"Seit Mai sind die Impfstoffe in der Ukraine. Inzwischen haben wir Oktober. Soweit ich höre und lese, haben die Schluckimpfungen letzte Woche begonnen, aber ich bin mir nicht sicher, ehrlich gesagt, und ich bekomme immer noch Emails von Müttern, die beklagen, dass bei Ihnen immer noch kein Impfstoff zu erhalten sei."
Kinderlähmung in Europa eigentlich ausgerottet
Schon länger warnen Experten angesichts niedriger Impfraten in der Ukraine vor einem Ausbruch der in Europa eigentlich ausgerotteten Erkrankung, die schwere Schädigungen auslösen kann und oft tödlich endet. Der Krieg in der Ost-Ukraine, das Durcheinander der Revolution und angebliche Geldnot im Ministerium führte dann zuletzt dazu, dass praktisch überhaupt keine Impfstoffe mehr im staatlichen, eigentlich kostenlosen Gesundheitssystem mehr aufzufinden waren, sehr wohl aber in privaten Kliniken, wie Patienten-Fürsprecherin Stefanischina weiß.
"Ich bin selbst Mutter. Und ich habe meine Kinder privat impfen lassen. Aber das kostet relativ viel Geld. Und die Menschen auf dem Land haben das nicht, denn es beträgt die Hälfte ihres monatlichen Gehalts."
Die Impfquote sank so in diesem Jahr bei Neugeborenen auf zuletzt nur noch 14 Prozent, so Unicef, nach auch nur noch 50 Prozent im Vorjahr. Und so kam es, wie es kommen musste: Anfang September wurden zwei Polio-Ausbrüche in den Karpaten in der West-Ukraine aktenkundig, zu denen es bereits im Frühsommer gekommen war. Doch während internationale Regeln dann eine Massenimpfung binnen zwei Wochen vorsehen, tat sich in der Ukraine weiterhin nichts, blieben Genehmigungen und entsprechende Schritte aus, ob aus Unfähigkeit oder weil sich Gesundheitsbürokraten den lukrativen Schwarzhandel mit Impfstoffen nicht kaputt machen wollten, ist nicht ganz klar. Der öffentliche Gesundheitssektor in der Ukraine ist schwer krank; die unbestrittene Diagnose laut hemmungslose Korruption. Oftmals gibt es Behandlungen in den staatlichen Krankenhäusern nur gegen Bares, teure Medikamente und Impfstoffe verschwinden. Der Gesundheitsminister, aus Georgien als Reformer ins Land geholt, gab sich nach einigen Monaten geschlagen und reichte seinen Rücktritt ein, den das Parlament ihm aber verweigerte, nun macht er irgendwie weiter. Er kämpft dabei an zwei Fronten gleichzeitig: gegen Korruption und Misswirtschaft im System, aber auch gegen das Misstrauen der Patienten dagegen, etwa auch gegen staatliche Impfprogramme. Berichte, die Polio-Impfstoffe seien falsch gelagert und zweifach eingefroren worden, sabotieren nun auch das angelaufene Polio-Impfprogramm und irritieren Eltern. Minister Kwitaschwili sah sich gezwungen, zu beteuern:
"Dieser Impfstoff ist von höchster Qualität. Ich bin sogar bereit, meinen eigenen Sohn vor den Kameras impfen zu lassen, um zu zeigen, dass alles in Ordnung ist."
Zwei akut gemeldete Fälle
Vor diesem Hintergrund nennen es Gesundheitsexperten ein großes Glück, dass es bislang bei den zwei akuten gemeldeten Fällen geblieben es, die beiden Kinder, ein Vierjähriger und ein Baby von zehn Monaten, sollen wieder gesund sein. Allerdings wird davon ausgegangen, dass mehrere hundert Kinder den aktivierten Virus in sich tragen. Denn die wilde Variante der Kinderlähmung bleibt auch in der Ukraine ausgerottet. Bei den fraglichen Fällen handelte es sich um ungeimpfte Kinder, die sich an Ausscheidungen von Impfstoffen angesteckt haben dürften, die unter Umständen wieder aktiv werden können. Deswegen gilt ein umfassender Impfschutz von so vielen Kindern wie nur möglich, wie er in den EU-Staaten durchgesetzt ist, als so wichtig.
http://www.deutschlandfunk.de/weltpoliotag-ukraine-droht-kinderlaehmungs-epidemie.1773.de.html?dram:article_id=335253