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Reform des maroden Justizwesens der Ukraine
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Reform des maroden Justizwesens der Ukraine
Ukraine
Forderungen nach Justizreform werden lauter
Von Florian Kellermann
Im Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine geht es um eine engere Kooperation in der Außenpolitik, um Fragen der Grundrechte, aber auch darum, eine unabhängige Justiz frei von Korruption zu schaffen. Das hätte Folgen für den Berufsstand der Richter.
Nur etwas mehr als drei Jahre saß Viktor Lozinskyj im Gefängnis, da kam der ehemalige ukrainische Parlamentsabgeordnete wieder frei. Ein Gericht befand im Juni, er dürfe nach Hause gehen - aus gesundheitlichen Gründen. Dabei war Lozinskyj der vorsätzlichen Tötung überführt und ursprünglich zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden.
Die Entlassung von Lozinskyj geriet zum Skandal, zum Beweis für die Korruptheit des ukrainischen Gerichtswesens. Roman Kujbida vom Zentrum für politische und juristische Reformen:
"Richter bekommen in der Ukraine einen anständigen Sold - im Gegensatz zu anderen Beamten. Das sind derzeit umgerechnet 1.000 Euro im Monat, in unserem Land ist das viel Geld. Aber viele können sich einfach nicht daran gewöhnen, von ihrem Sold zu leben. Sie bauen große Häuser, kaufen Sportwagen und Limousinen aus deutscher Produktion, wie ihre Vermögensaufstellungen zeigen. Und das gilt schon für Richter der untersten Instanz."
Korruption kein Einzelfall in der Ukraine
Korruption ist in der Ukraine kein Einzelfall, sie findet systematisch statt: Politiker und Geschäftsleute bilden Interessengemeinschaften und benutzen Richter, um ihre Ziele durchzusetzen.
So kommt es zu einer kriminellen Praxis, die in der Ukraine als "Rejderstwo" bezeichnet wird. Personen eignen sich dabei fremde Firmen an, indem sie Richter bestechen oder beeinflussen. Ein häufiges Schema: Die Person tritt zunächst in eine Geschäftsbeziehung mit der Firma. Danach überzieht sie die Firma mit abstrusen Forderungen und schließlich mit Klagen, um sie in die Enge zu treiben und letztendlich zu übernehmen. Das klappt, wenn korrupte Richter im Spiel sind. In den vergangenen vier Jahren gab es rund 7.000 solcher Attacken auf Firmen.
Zeit zu handeln, sagt Roman Kujbida. Ein erster Schritt müsse sein, dass die Richter politisch unabhängig werden:
"Das Problem bei uns ist, dass alle politischen Kräfte denken: Wenn ich nicht die Kontrolle über die Gerichte gewinne, dann machen es meine Gegner. Die politischen Eliten müssten eine Vereinbarung treffen, die besagt: Wir lassen unsere Finger von der Justiz."
Einen ersten Versuch in diese Richtung unternahm die Verwaltung des Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch. Ein neues Gesetz schrieb vor, dass Richter-Anwärter eine anonyme Prüfung ablegen müssen - und der Präsident nur noch formal für ihre Ernennung zuständig ist. Auch auf die lebenslange Berufung ins Richteramt, die in der Ukraine nach fünf Jahren erfolgt, sollten Politiker - anders als früher - keinen Einfluss mehr haben. Kritiker erklärten, die Änderungen seien nur kosmetisch gewesen. Gleichzeitig seien Mechanismen geschaffen worden, die das Justizsystem dem Staatsoberhaupt sogar noch stärker unterordneten.
Projekt einer Verfassungsreform
Und dennoch: Unter Janukowitsch entstand auch das Projekt einer Verfassungsreform, die im Westen positiv beurteilt wurde, so von der sogenannten Venedig-Kommission, einem Organ des Europarats. Die Reform sah vor, dass Richter von Anfang an auf Lebenszeit ernannt werden, außerdem sollten sie den Gerichtsapparat weitgehend selbst organisieren. Aber das Parlament verwarf die Reform im Juli in zweiter Lesung - ein Fehler, meint die Anwältin Marina Parinowa, die an dem Gesetz mitarbeitete.
"Die Tatsache, dass die Reform noch von der alten Staatsmacht stammte, war genug, sie als schlecht hinzustellen. Dabei hätte man das Projekt noch weiter ausarbeiten und vor der zweiten Lesung verändern können. Nun aber geht viel Zeit verloren. Über eine neue Reform kann das Parlament frühestens in einem Jahr entscheiden. Außerdem muss es wieder die Beurteilung des Verfassungsgerichts einholen und Experten aus der EU hören - eine ziemlich lange Prozedur."
Der neue ukrainische Präsident Petro Poroschenko äußerte sich bereits zu einem neuen Anlauf für die Justizreform. Die Gerichte befänden sich in einem kritischen Zustand, es müsse rasch gehandelt werden.
Wie und wann, habe der Präsident bisher nicht gesagt, so Roman Kujbida.
"Am Ende hängt alles an den Richtern. Eine Reform muss dazu führen, dass der einzelne Richter sich unabhängig fühlt - bisher tun das nur ganz wenige. Noch viel weniger setzen sich aktiv für Veränderungen ein, sie kann man an fünf Fingern abzählen. Es wird in jedem Fall dauern, bis die Richter in der Ukraine ihre Sklaven-Mentalität ablegen."
Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/ukraine-forderungen-nach-justizreform-werden-lauter.795.de.html?dram:article_id=297660
Forderungen nach Justizreform werden lauter
Von Florian Kellermann
Im Partnerschaftsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Ukraine geht es um eine engere Kooperation in der Außenpolitik, um Fragen der Grundrechte, aber auch darum, eine unabhängige Justiz frei von Korruption zu schaffen. Das hätte Folgen für den Berufsstand der Richter.
Nur etwas mehr als drei Jahre saß Viktor Lozinskyj im Gefängnis, da kam der ehemalige ukrainische Parlamentsabgeordnete wieder frei. Ein Gericht befand im Juni, er dürfe nach Hause gehen - aus gesundheitlichen Gründen. Dabei war Lozinskyj der vorsätzlichen Tötung überführt und ursprünglich zu 15 Jahren Freiheitsentzug verurteilt worden.
Die Entlassung von Lozinskyj geriet zum Skandal, zum Beweis für die Korruptheit des ukrainischen Gerichtswesens. Roman Kujbida vom Zentrum für politische und juristische Reformen:
"Richter bekommen in der Ukraine einen anständigen Sold - im Gegensatz zu anderen Beamten. Das sind derzeit umgerechnet 1.000 Euro im Monat, in unserem Land ist das viel Geld. Aber viele können sich einfach nicht daran gewöhnen, von ihrem Sold zu leben. Sie bauen große Häuser, kaufen Sportwagen und Limousinen aus deutscher Produktion, wie ihre Vermögensaufstellungen zeigen. Und das gilt schon für Richter der untersten Instanz."
Korruption kein Einzelfall in der Ukraine
Korruption ist in der Ukraine kein Einzelfall, sie findet systematisch statt: Politiker und Geschäftsleute bilden Interessengemeinschaften und benutzen Richter, um ihre Ziele durchzusetzen.
So kommt es zu einer kriminellen Praxis, die in der Ukraine als "Rejderstwo" bezeichnet wird. Personen eignen sich dabei fremde Firmen an, indem sie Richter bestechen oder beeinflussen. Ein häufiges Schema: Die Person tritt zunächst in eine Geschäftsbeziehung mit der Firma. Danach überzieht sie die Firma mit abstrusen Forderungen und schließlich mit Klagen, um sie in die Enge zu treiben und letztendlich zu übernehmen. Das klappt, wenn korrupte Richter im Spiel sind. In den vergangenen vier Jahren gab es rund 7.000 solcher Attacken auf Firmen.
Zeit zu handeln, sagt Roman Kujbida. Ein erster Schritt müsse sein, dass die Richter politisch unabhängig werden:
"Das Problem bei uns ist, dass alle politischen Kräfte denken: Wenn ich nicht die Kontrolle über die Gerichte gewinne, dann machen es meine Gegner. Die politischen Eliten müssten eine Vereinbarung treffen, die besagt: Wir lassen unsere Finger von der Justiz."
Einen ersten Versuch in diese Richtung unternahm die Verwaltung des Ex-Präsidenten Viktor Janukowitsch. Ein neues Gesetz schrieb vor, dass Richter-Anwärter eine anonyme Prüfung ablegen müssen - und der Präsident nur noch formal für ihre Ernennung zuständig ist. Auch auf die lebenslange Berufung ins Richteramt, die in der Ukraine nach fünf Jahren erfolgt, sollten Politiker - anders als früher - keinen Einfluss mehr haben. Kritiker erklärten, die Änderungen seien nur kosmetisch gewesen. Gleichzeitig seien Mechanismen geschaffen worden, die das Justizsystem dem Staatsoberhaupt sogar noch stärker unterordneten.
Projekt einer Verfassungsreform
Und dennoch: Unter Janukowitsch entstand auch das Projekt einer Verfassungsreform, die im Westen positiv beurteilt wurde, so von der sogenannten Venedig-Kommission, einem Organ des Europarats. Die Reform sah vor, dass Richter von Anfang an auf Lebenszeit ernannt werden, außerdem sollten sie den Gerichtsapparat weitgehend selbst organisieren. Aber das Parlament verwarf die Reform im Juli in zweiter Lesung - ein Fehler, meint die Anwältin Marina Parinowa, die an dem Gesetz mitarbeitete.
"Die Tatsache, dass die Reform noch von der alten Staatsmacht stammte, war genug, sie als schlecht hinzustellen. Dabei hätte man das Projekt noch weiter ausarbeiten und vor der zweiten Lesung verändern können. Nun aber geht viel Zeit verloren. Über eine neue Reform kann das Parlament frühestens in einem Jahr entscheiden. Außerdem muss es wieder die Beurteilung des Verfassungsgerichts einholen und Experten aus der EU hören - eine ziemlich lange Prozedur."
Der neue ukrainische Präsident Petro Poroschenko äußerte sich bereits zu einem neuen Anlauf für die Justizreform. Die Gerichte befänden sich in einem kritischen Zustand, es müsse rasch gehandelt werden.
Wie und wann, habe der Präsident bisher nicht gesagt, so Roman Kujbida.
"Am Ende hängt alles an den Richtern. Eine Reform muss dazu führen, dass der einzelne Richter sich unabhängig fühlt - bisher tun das nur ganz wenige. Noch viel weniger setzen sich aktiv für Veränderungen ein, sie kann man an fünf Fingern abzählen. Es wird in jedem Fall dauern, bis die Richter in der Ukraine ihre Sklaven-Mentalität ablegen."
Quelle: http://www.deutschlandfunk.de/ukraine-forderungen-nach-justizreform-werden-lauter.795.de.html?dram:article_id=297660
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